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Außergerichtliche Beschwerdemechanismen im Feld Wirtschaft und Menschenrechte

Außergerichtliche Beschwerdeverfahren spielen für den effektiven Rechts- und Rechtsgüterschutz im Bereich Wirtschaft-Menschenrechte-Umwelt eine zunehmend wichtige Rolle. Sie sollen die Leistungsfähigkeit staatlicher Gerichtsverfahren komplementär ergänzen und dadurch mehr Zugang zu Recht (im Sinne eines breiten Verständnisses von „Access to Justice“) im Rahmen eines „remedy ecosystem“ schaffen.

Mit der Thematik außergerichtlicher Beschwerdemechanismen entlang von Lieferketten befassen wir uns intensiv seit Ende 2019.

Forschungsprojekt „Außergerichtliche Beschwerdemechanismen im Feld Wirtschaft und Menschenrechte“ (im Auftrag des Bun­des­mi­nis­te­riums für Jus­tiz, 2019-2021)

Von Ende 2019 bis Juli 2021 ar­bei­te­te ein For­schungs­team der Europa-Uni­ver­si­tät Viadrina Frank­furt (Oder) un­ter der Lei­tung von Prof. Dr. Ulla Gläßer im Auf­trag des Bun­des­mi­nis­te­riums für Jus­tiz und Ver­braucher­schutz an einem Forschungs­projekt, in dem das Potential von Alternative Dispute Resolution (ADR) für die Gestaltung von nicht-staatlichen außer­gericht­lichen Beschwerdemechanismen für Betroffene von Menschenrechtsverletzungen entlang globaler Lieferketten untersucht werden sollte.

Ausgehend von der vertieften Analyse ausgewählter bestehender Beschwerdemechanismen entwickelten wir zunächst ein differenziertes System von Gestaltungskategorien auf den Ebenen der Institutionalisierung, Implementierung, Verfahrensausgestaltung und Entwicklung eines lernenden Systems. Ergänzend führten wir Interviews mit Expert:innen aus Unternehmen, Gewerkschaften, NGOs und verfahrensanbietenden Institutionen.

So ermittelten wir entlang der Effektivitätskriterien der UN Guiding Principles for Business and Human Rights (UNGP) gute Ansätze aus der Praxis der untersuchten Mechanismen.

Der gezielte Erkenntnistransfer aus der etablierten Praxis deutscher Verbraucherschlichtungsstellen erbrachte zusätzliche wertvolle Erkenntnisse insbes. zu den Fragen der Institutionalisierungs­möglichkeiten und der Qualitätssicherung von ADR-Angeboten.

Auf dieser Grundlage entwickelten wir das umfassende Integrative Grievance System (IGS) als prototypisches Modell, in dem praxisorientierte Empfehlungen für die Gestaltung unternehmensübergreifender, außergerichtlicher Be­schwerde­mechanismen im Feld Wirtschaft und Menschenrechte gebündelt werden.

Insgesamt soll der Forschungsbericht deutlich machen, dass effektive Beschwerdemechanismen integrale Bestandteile von (Regulierungs-)Ansätzen zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen entlang von globalen Wertschöpfungsketten sein sollten.

Der am 20. September 2021 veröffentlichte umfangreiche Forschungsbericht „Außergerichtliche Beschwerdemechanismen entlang globaler Lieferketten - Empfehlungen für die Institutionalisierung, Implementierung und Verfahrensausgestaltung“ steht im Volltext  mit kompakten Executive Summaries auf Deutsch und Englisch zum Download zur Verfügung.

Folgende Publikationen haben wir im Themenfeld Wirtschaft und Menschenrechte bislang verfasst:

Auf folgenden Veranstaltungen haben wir unsere Forschungsergebnisse präsentiert und diskutiert:

  • National Roundtable on Access to Remedy and Social Dialogue in Leather and Leather Footwear Supply Chains (Veranstalter: Cividep India, Society for Labour and Development), Chennai/Indien, 26. April 2023
  • Workshop on Grievance Mechanisms and the German Supply Chain Act (Veranstalter: Society for Labour and Development, Cividep India, INKOTA Netzwerk), Chennai/Indien, 25. April 2023
  • Fachtagung „Wirksame Durchsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes - Erwartungen der Zivilgesellschaft an das BAFA“ (Veranstalter: Heinrich-Böll-Stiftung, Cora Netzwerk für Unternehmensverantwortung, Initiative Lieferkettengesetz.de), Berlin, 27. Januar 2023
  •  Arbeitstreffen zur Diskussion des Integrated Grievance System mit Vertreter:innen der UNI Global Union, 5. Dezember 2022
  • Bucerius Mediation Competition 2022, 25. November 2022 in Hamburg (online)
  • Arbeitstreffen zur Diskussion des Integrated Grievance System mit Vertreter:innen der indischen NGOs CIVIDEP und Society for Labour and Development (SLD) am 22. November 2022 in Berlin
  • Fachtagung Branchendialog Automobilindustrie, Berlin, 27. September 2022
  • TMC Asser Expert Meeting on Business and Human Rights Arbitration, Den Hague, 12. April 2022
  •  Experten-Workshop "Beschwerde und Abhilfe in Leder-, Lederwaren- und Schuhlieferketten", 28. März 2022
  •  Bündnis für nachhaltige Textilien, 10. März 2022
  •  Texas A&M University School of Law, Dispute Resolution Symposium – “ADR Works-in-Progress”, 5. März 2022
  • Forum Nachhaltiger Kakao, 20. Januar 2022
  • Begleitgruppe zur Umsetzung des Schweizer Nationalen Aktionsplans (NAP) «Wirtschaft und Menschenrechte» durch das Eidgenössische Departement für Äussere Angelegenheiten (EDA) und das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, 18. November 2021
  • AG Wirtschaft und Menschenrechte, 11. November 2021
  • Öffentliche Online-Präsentation des Forschungsberichts in englischer Sprache (Veranstalter: BMJV), 10. No­vem­ber 2021
  • Interministerieller Ausschuss für Wirtschaft und Menschenrechte (IMA), 26. Oktober 2021
  • Europarats-Workshop "Environment, Human Rights and Business: a framework for addressing environmental protection challenges", 27. April 2021
  • Internationale Konferenz des BMAS "Globale Lieferketten - Globale Verantwortung. Menschenrechte und gute Arbeit in globalen Lieferketten", 6. und 7. Oktober 2020
  • Stakeholder-Konferenz des BMJV "Potential alternativer Streitbeilegung bei Menschenrechtsverletzungen im Verantwortungsbereich von Unternehmen", 14. September 2020
  • Branchendialog der Automobilindustrie, Arbeitsgruppe "Aufbau eines UBM in der Automobilindustrie", 24. Juni 2020
  •  Sitzung der Arbeitsgruppe Wirtschaft und Menschenrechte BMAS, 14. Januar 2020

In diese Lehrveranstaltungen ist das Thema bislang eingeflossen:

  • Vorlesung "Außergerichtliche Streitbeilegung – Verfahrensarten im Überblick" (Prof. Ulla Gläßer) an der Europa-Universität Viadrina, Sommersemester 2023 und 2021
  • Schule des deutschen Rechts (Robert Pfeiffer und Dominik Schmitz), Europa-Universität Viadrina/AMU Poznan, Sommersemester 2021
  • Vorlesung "Menschenrechtsverletzungen im Verantwortungsbereich deutscher Unternehmen - Potential und Grenzen von gerichtlichem Rechtsschutz und außergerichtlichen Verfahren" (Prof. Ulla Gläßer) an der Europa-Universität Viadrina, Sommersemester 2020

Wir arbeiten kontinuierlich weiter an unterschiedlichen Aspekten der Optimierung effektiver Beschwerdemechanismen im Feld Wirtschaft und Menschenrechte.

Kommentare, Rückmeldungen und weiterführende Gedanken zu unseren Forschungsergebnissen sind uns per E-Mail an ADR@europa-uni.de sehr willkommen.