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Soldan Moot Court 2023

Was ist ein Moot Court?

Ein Moot Court ist quasi ein Gerichtsverhandlungs-Wettbewerb, man bereitet sich mehrere Monate auf einen Gerichtsprozess vor und verfasst auch die Klageschrift und die Klageerwiderung. Es geht also darum, sich mit anderen Jurastudierenden zu messen, wer besser verhandeln kann und wer den besten Schriftsatz schreibt. Dabei tritt man nicht allein an, sondern in einem Team, welches sich dann in Klägerseite und Beklagtenseite aufteilt. Ebenfalls wird der Moot Court durch Prof. Dr. Knöfel und Coaches betreut. Coaches sind meist Studierende, die in den Jahren zuvor am Moot Court teilgenommen haben.

Beim Hans Soldan Moot Court geht es um das Zivilrecht in Verbindung mit Anwaltsrecht. Dabei gewinnt man einen realistischen Einblick in die Arbeit von Rechtsanwält:innen und kann für sich selbst entdecken, ob man sich für das eigene Berufsleben diese Arbeit vorstellen kann.

Die erste Phase des Moot Courts ist die Schriftsatzphase die pro Schriftsatz etwa einen Monat dauert. Danach wird die mündliche Verhandlung geübt, zunächst für den Pre-Moot in Hamburg und natürlich für den „richtigen“ Moot Court an der Leibniz-Universität-Hannover.

Schriftsätze

Der Moot Court beginnt mit dem Freischalten der Fallakte. Bei uns waren das 45 Seiten, die einer echten Fallakte nachempfunden sind. Es gibt also keinen Sachverhalt wie in der Klausur, sondern eine Zusammenstellung aus Screenshots, E-Mails, Verträgen und Gutachten, also alles, was sich auch in einer echten Gerichtsakte finden lässt. Zunächst muss man sich dabei einen Überblick verschaffen, worum es überhaupt geht, wer was getan hat und wer was von wem haben möchte. Im nächsten Schritt geht es an die Recherche: Welche rechtlichen Probleme sind für den Fall relevant? Welche Tatsachen kann man nachweisen und welche nicht? Gibt es eventuell ein Beweisverwertungsverbot? Wenn all diese Fragen und viele mehr geklärt sind, geht es an das Schreiben des Schriftsatzes. Dabei wurden wir (Team 1 der Viadrina) von unserem Coach Amir Nassar unterstützt, man ist also nicht ganz auf sich allein gestellt.

Die Schriftsatzphase ist vom Arbeitsaufwand mit einer Hausarbeit vergleichbar und auch die Arbeit an sich ist ähnlich. Sie unterscheidet sich aber dahingehend, dass man kein Gutachten wie sonst schreibt, sondern einen Klageschriftsatz. So lässt man Tatsachen, die der eigenen Partei nicht förderlich sind unter den Tisch fallen oder stellt auch mal eine Mindermeinung als reine Wahrheit dar, wenn sie der eigenen Sache hilft. Anstatt also wie sonst alle Seiten und alle Argumente zu bedenken, beschränkt man sich auf die Punkte, die dem fiktiven Mandanten weiterhelfen und versucht Schwachstellen der eigenen Argumentation zu vertuschen. Anders als in Hausarbeiten taucht man viel tiefer in die Materie ein, um am Ende die eine Kleinigkeit zu finden, die der Gegenseite das Leben schwer macht.

Mündliche Verhandlung in Hamburg und Hannover

Bevor es in Hannover richtig losgeht, gibt es eine Vorveranstaltung an der Bucerius Law School in Hamburg, bei welcher man gegen Teams anderer Universitäten verhandelt, und so sieht, was andere für Argumente gefunden haben. In Hamburg geht es vor allem darum dazuzulernen. Man schaut sich ab, was andere Teams besser machen als man selbst, bekommt Feedback von den Juror:innen und Richter:innen und schaut sich Argumente von anderen ab. Der Umgang untereinander und auch von den Richter:innen und Juror:innen ist dabei stets wohlwollend und freundlich. Keiner wird bloßgestellt oder ausgelacht oder ähnliches. Alle sind da, um ihr Bestes zu geben und Spaß zu haben.

In Hannover kommt zu den mündlichen Verhandlungen noch ein Rahmenprogramm dazu. Es gibt z.B. eine Kanzleibörse, wo man mit Jurist:innen aus unterschiedlichen Kanzleien quatschen kann und seine Frage zur zukünftigen Karriere stellen oder sich über Praktikumsplätze infomieren kann. Außerdem gibt es Cocktails und Snacks!

In Hannover haben wir gegen die Bucerius Law School, die Universität-Halle-Wittenberg, die Universität Augsburg-Erlangen und die Universität Köln verhandelt. Die meisten davon kamen später ins Viertelfinale oder auch bis ins Finale und waren allesamt starke Verhandlungsgegner. Nichtsdestotrotz hat jede Verhandlung viel Spaß gemacht und war ungeachtet dessen, dass wir jedes Mal den gleichen Sachverhalt verhandelt haben (den wir schon davor unzählige Male verhandelt haben) spannend und abwechslungsreich.

Haben wir gewonnen?

Den Moot Court haben wir zwar nicht gewonnen, dafür haben wir aber alle an Erfahrung gewonnen. Neben den 4 SWS Schlüsselqualifikation die man für den Moot Court bekommt, haben wir alle gelernt, wie man einen Schriftsatz schreibt und wie man vor Gericht auftritt. Auch für die mündliche SPB-Prüfung haben wir gutes Training bekommen. Sowohl beim Moot Court als auch bei der mündlichen Prüfung geht es darum unter Druck mündlich komplizierte Rechtsfragen möglichst einfach und eloquent darzustellen. Die Richter:innen sowie die späteren Prüfer:innen stellen einem in der Verhandlung wie auch in der Prüfung Fragen, auf die man sich nur beschränkt vorbereiten kann und spontan eine Antwort finden muss. Außerdem ist Teamwork das A und O beim Moot Court, sowohl während der Schriftsatzphase, wo verschiedene Leute einen Schriftsatz schreiben und am Ende alles zusammenpassen muss, als auch in der mündlichen Verhandlung, bei welcher man sich im Team koordinieren und sich die Bälle gegenseitig zuspielen muss. Insgesamt würde ich also sagen, dass wir gewonnen haben, obwohl wir nicht einmal ins Viertelfinale gekommen sind. Wir hatten alle viel Spaß bei den Verhandlungen und auch außerhalb davon eine gute Zeit miteinander. Die Ausflüge nach Hamburg und Hannover sind quasi eine Klassenfahrt und das war immerhin die beste Zeit in der Schule.

Ich kann die Teilnahme am Moot Court wirklich allen empfehlen und vielleicht schafft ihr es als erste, als Team Viadrina, das Viertelfinale zu erreichen. Und selbst wenn nicht, war es den ganzen Aufwand auf jeden Fall wert.

 

Luca Jung