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Studie zum Einsatz polnischer Betreuungskräfte (Live-Ins) - auf der Basis von zivilrechtlichen "Müllverträgen"

Projektbearbeitung: Prof. Dr. Eva Kocher und Nastazja Potocka-Sionek

Beratung: Dr. Agata Ludera-Ruszel

Die häusliche Pflege durch – fast ausschließlich weibliche – Erwerbstätige aus Mittel- und Osteuropa, die in den Haushalten der Pflegebedürftigen nicht nur arbeiten, sondern auch wohnen („Live-Ins“), ist zu einem festen Bestandteil des deutschen Pflegesystems geworden. Dabei ist ihre rechtliche Situation geprägt von Intransparenz und begleitet von rechtlichen Unsicherheiten und dem entsprechenden Verdacht systematischer Rechtsverstöße (vgl. u.a. Lutz 2015). Vor allem mit ihrem Arbeitszeitregime („24-Stunden-Pflege“) sind tiefgreifende rechtliche (Vereinbarung mit dem Arbeitszeitgesetz, Problem der Bereitschaftszeit) Probleme verbunden.

In dieser Studie wird der Blick auf Live-Ins gerichtet, welche auf Grundlage einer umowa zlecenia (wörtlich: Vertrag zum Auftrag/Mandatsvertrag; umgangssprachlich auch als umowa śmieciowa („Müllvertrag“) bezeichnet) für polnische Vermittlungsagenturen tätig werden, wodurch eine Dreieckskonstellation entsteht, über die die Betreuungskräfte im Privathaushalt eingesetzt werden. Die umowa zlecenia ist aufgrund ihrer zivil- und nicht arbeitsrechtlichen Verortung im polnischen Recht in besonderer Weise durch Unsicherheit, fehlende Stabilität und fehlenden Schutz charakterisiert (Ludera-Ruszel 2019 S. 28). Die aktuelle Pandemie hat nicht nur Mobilität und Rückkehr der Betreuungskräfte erschwert, sondern auch die mangelhafte sozialrechtliche Absicherung polnischer Betreuer:innen verdeutlicht. 

Das Projekt wird zunächst im Einzelnen analysieren, wie die Vertragssituation polnischer Betreuungskräfte mit „Müllverträgen“ auf empirischer Ebene aktuell ausgestaltet sind.

In einem zweiten Schritt werden die unterschiedlichen rechtlichen Konstellationen analysiert, in denen die polnischen Betreuungskräfte in deutschen Privathaushalten tätig sind, und

wie die praktizierten Konstellationen rechtlich einzuordnen sind, was für rechtliche Beziehungen sich daraus ergeben und welche arbeits- und sozialversicherungs- sowie haftungsrechtlichen Auswirkungen diese zur Folge haben.

Aus den empirischen Erkenntnissen sowie der rechtlichen Bewertung von polnischen Live-Ins mit „Müllverträgen“ sowie den unterschiedlichen Konstellationen, in denen diese grenzüberschreitend in deutschen Haushalten tätig werden, werden Handlungsempfehlungen für Betreuungskräfte sowie Privathaushalte und Ideen für deren Vermittlung entwickelt.

Abschließend werden vorliegende Ansätze und Empfehlungen für die politische und rechtliche Gestaltung bewertet und eingeordnet. Auf dieser Grundlage können schließlich Empfehlungen für die Gestaltung der Pflegearbeit von Live-Ins in Deutschland formuliert werden.