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DFG-Projekt

Die Verjährung als Herausforderung für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Strafsachen - Entwicklung eines Harmonisierungsvorschlags

Kurzbeschreibung des Projekts:

Die gegenwärtigen eklatanten Unterschiede der nationalen Verjährungsvorschriften sind in einem gemeinsamen Europa schwer zu begründen. Sie führen zu Friktionen bei der strafrechtlichen Zusammenarbeit. Aus diesem Grund besteht das dringende Bedürfnis einer Harmonisierung der Verjährungsregeln in der EU, dem dieses Forschungsprojekt Rechnung trägt.

Bereits in der grundsätzlichen Frage, ob Straftaten verjähren, besteht keine Einigkeit. So gilt im englischen Recht das Prinzip, dass Straftaten im Allgemeinen nicht verjähren. Dagegen sehen die Rechtsordnungen der meisten europäischen Staaten vor, dass nach Ablauf einer gewissen Zeit der staatliche Strafanspruch nicht mehr geltend gemacht werden kann. Dabei wird regelmäßig zwischen Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung differenziert. Die konkrete Ausgestaltung der Verjährungsregelungen unterscheidet sich erheblich. Das gilt für ihre Zuordnung zum materiellen Recht oder zum Prozessrecht, die Dauer der Verjährungsfristen und für die Frage, welchen Einfluss z.B. strafprozessuale Verfolgungshandlungen auf die reguläre Verjährungsfrist haben. Hieraus resultiert zunächst die Gefahr eines forum shopping durch die Strafverfolgungsbehörden. Die Verjährungsregeln erweisen sich zudem als Stolpersteine in der praktischen Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung. Einige Rechtsakte, wie der  Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl, lassen es zu, die Zusammenarbeit zu verweigern, wenn die Straftat nach den innerstaatlichen Vorschriften verjährt ist. Gravierende Unterschiede bei der Dauer der Verjährung erschweren die Akzeptanz der Ablehnungsgründe und können auf beiden Seiten zu Irritationen führen.

Das Projekt, das auf drei Jahre angelegt ist und an der Schnittstelle zwischen materiellem Strafrecht und Strafprozessrecht liegt, lotet erstmals die internationalen und europäischen Rahmenbedingungen für die Verjährung aus und unterzieht die Verjährungsregelungen in ausgewählten elf EU- und drei Nicht-EU-Staaten einem Rechtsvergleich. Hierzu werden die Vorschriften der 14 Ländern systematisch aufbereitet, kritisch hinterfragt und auf ihre allgemeine Geeignetheit überprüft. Es gilt hierbei auch Regelungen zu berücksichtigen, die (wie der Einwand des Rechtsmissbrauchs) funktionale Äquivalente zur Verjährung sind. Auf dieser Grundlage wird der erste Regelungsvorschlag für eine Harmonisierung der Verjährung erarbeitet.

 

Untersuchte Länder:

Deutschland, England und Wales, Estland, Frankreich, Griechenland, Italien, Niederlande, Österreich, Polen, Schweden, Schweiz, Spanien, Ungarn, USA

 

Projektleiter:

Prof. Dr. Gudrun Hochmayr, Europa-Universität Viadrina (Gesamtleitung)

Prof. Dr. Walter Gropp, Universität Gießen

 

Projektlaufzeit:

2018 bis 2021

 

Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 392065098

 

Datenbank zur Verjährung:

Im Zuge des Forschungsprojekts wurde eine mehrsprachige Datenbank zum synoptischen Vergleich der nationalen Verjährungsvorschriften der beteiligten Länder errichtet. In dieser sind alle Verjährungsregelungen der untersuchten Länder in deutscher, englischer und in der originalen Sprache anhand der definierten Auswahlkriterien auf einen Klick verfügbar. Die Datenbank finden Sie hier.

 

Projektbezogene Publikationen:

Hochmayr/Gropp (Hrsg.), Die Verjährung als Herausforderung für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Strafsachen. Entwicklung eines Harmonisierungsvorschlags, 1014 Seiten.

Hochmayr, Unionstreue trotz Verjährung, Anm. zu EuGH HRRS 2015 Nr. 1007, Onlinezeitschrift Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht 2016, 239.

Kolb, The Statute of Limitations as a Challenge for Cross-Border Cooperation in Criminal Matters – Development of a Harmonisation Proposal, Tagungsbericht, eucrim 4/2020, 350.