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Nationale, Internationale und Globale Werteordnung der Grundrechte

Galerie mit Eindrücken der Konferenz

Abschlussbericht 

Vom 30.-31. Mai 2013 fand an der deutsch-polnischen Grenze in Frankfurt (Oder)/Słubice die Konferenz Nationale, Internationale und Globale Werteordnung der Grundrechte" statt. Es handelt sich um ein deutsch-polnisches Kooperationsprojekt des Lehrstuhls für Polnisches Öffentliches Recht, Europa- und Wirtschaftsrecht der Europa-Universität Viadrina, des Lehrstuhls für Menschenrechte an der Universität Warschau und des German Southeast Center of Excellence for Public Policy and Good Governance (CPG) an der Thammasat University Bangkok.Die Konferenz stellt den Abschluss des durch die Deutsch-Polnische Wissenschaftsstiftung (DPWS) geförderten Projektes „Die verfassungsrechtliche Grundwerteordnung der Grundrechte als Grundlage für die deutsch-polnische Verständigung“ dar. Alle im Rahmen dieses Projektes entstandenen Beiträge der Teilnehmer werden zudem als Gesamtergebnis in einem Tagungsband veröffentlicht.


Eröffnung der Konferenz

Die festliche Eröffnung der Konferenz erfolgte an der Europa-Universität Viadrina zunächst durch den Präsidenten der Europa-Universität Viadrina, Dr. Gunter Pleuger, der die Innovation des Forschungsvorhabens unterstrichen hat. Insbesondere stelle die wissenschaftliche Nachwuchsförderung durch die Möglichkeit der aktiven Beteiligung von Doktoranden während der Konferenz ein absolutes Novum dar. Witold Gnauck, Geschäftsführer der Deutsch-Polnischen Wissenschaftsstiftung (DPWS), sprach über die Geschichte und die Tätigkeit der DPWS. Dabei betonte er die große Bedeutung von gemeinsamen grenzüberschreitenden Projekten zwischen einzelnen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Dies sei vor allem heutzutage im Angesicht der Euro-Krise sehr wichtig, da solche Projekte die EU-Mitgliedsstaaten weiter zusammenschweißen. Daraufhin deutete Henning Glaser, Leiter des German Southeast Center of Excellence for Public Policy and Good Governance (CPG) an der Thammasat University Bangkok, auf das Verständnis von Grundrechten außerhalb der Europäischen Union hin. Er erklärte dabei den Aufbau des CPG und dessen Bedeutung für die Erforschung von Grundrechten in Südostasien. Der Abschluss der Konferenzeröffnung erfolgte durch Dr. Jan Schürmann, Vorstandsmitglied bei der Deutsch-Polnischen Juristenvereinigung (DPJV), der darauf aufmerksam machte, dass es sehr wichtig sei Gemeinsamkeiten zwischen einzelnen Länder zu nutzen und Unterschiede abzugrenzen. Dabei könne man insbesondere in der deutsch-polnischen Beziehung zahlreiche Gemeinsamkeiten festmachen. Als einen Unterschied zwischen den Grundwerteordnungen in Deutschland und Polen stellte er fest, dass der polnische Grundrechtskatalog im Gegensatz zum deutschen auch Pflichten des Bürgers gegenüber dem Staat umfasse.

 

Impulsvorträge der Projektleiter

Nach der Eröffnungsrunde erfolgten die Impulsvorträge der beiden Projektleiter. Prof. dr hab. Mirosław Wyrzykowski, Lehrstuhl für Menschenrechte an der Universität Warschau, stellte die Bedeutung der Rechtsvergleichung sowohl für die rechtswissenschaftliche Praxis als auch für die Theorie dar und wie sich beide dieser Gruppen auf der Suche nach dem richtigen Urteil als Ideal gegenseitig beeinflussen. Das Herausfiltern von Gemeinsamkeiten und Unterschieden sei das Ziel der Rechtsvergleichung und so schloss prof. dr hab. Wyrzykowski seinen Vortrag mit einem Vergleich zur Ersten Projektkonferenz „Grundrechte zwischen Nationalstaat und Globalisierung“ vom 01.-02.03.2012 ab.

 

Prof. Dr. Bartosz Makowicz betonte in seinem Vortrag die große Bedeutung des Konferenzortes an der deutsch-polnischen Grenze für das Projekt. Grundrechte seien das Ergebnis jahrelanger Pluralität der Gesellschaft. Zudem beleuchtete er näher die parallele Entwicklung der objektiven Werteordnung in Deutschland und Polen, die bis zur Bejahung einer objektiven Drittwirkung der Grundrechte geführt habe. Auffällig an dieser Parallelität sei, dass die Republik Polen nicht die Grundrechtecharta ratifiziert hat. Jedoch werde die Grundrechtecharta dennoch in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts im Rahmen der Auslegung herangezogen. Zuletzt unterstrich er auch den Vergleich zu Rechtsordnungen außerhalb der Europäischen Union, insbesondere zu Südostasien, der Türkei und Kroatien. Als Ergebnis könne festgehalten werden, dass die Grundwerteordnung in der Bundesrepublik Deutschland und in der Republik Polen sehr vergleichbar seien. Dies stelle die normative Grundlage für die Völkerverständigung beider Nationen dar.

 

1. Panel: Freiheit und Methode – Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Beschränkbarkeit der deutschen und polnischen Grundrechte

Unter der Moderation von Prof. Dr. Carmen Thiele, Europa-Universität Viadrina, wurde im ersten Panel die Rechtfertigungsebene von Grundrechtseingriffen sowie deren Grenzen einer rechtsvergleichenden Analyse unterzogen. Den Auftakt dabei machte Prof. Dr. Gertrude Lübbe-Wolff, Richterin am Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Nach einer einführenden Erläuterung zur gedanklichen Entwicklung des Verständnisses einer objektiven Werteordnung unterzog sie diesen Gedanken im Weiteren einer kritischen Würdigung. Gefahren entstünden vor allem bei konfligierenden Grundrechtsbeziehungen zwischen Privatpersonen, da keine Werterangordnung existiere. Die Werteordnung setze eine Akzeptanz dieser Werte in der Gesellschaft voraus und dürfe daher keine Omnipräsenz beanspruchen. Die freiheitliche Verfassung mache einen Wert daraus, dass Menschen unterschiedliche Werte haben und verfolgen dürfen und genau dies sei das Merkmal einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Wojciech Hermeliński, Richter am Verfassungsgerichtshof (VerfGH), befasste sich mit dem Problem kollidierender Grundrechte aus der Sicht der polnischen Verfassung. Die betroffenen Grundrechte müssen dabei auf eine solche Art und Weise ins Verhältnis gesetzt werden, dass für alle Beteiligten die größtmögliche Wirkung der betroffenen Grundrechte erzielt werde. Diese Grundsätze diskutierte er im Folgenden anhand von aktuellen Entscheidungen des VerfGH. Als nächstes sprach prof. dr hab. Zdzisław Kędzia, Lehrstuhl für Verfassungsrecht an der Adam Mickiewicz Universität in Poznań, nach einem Exkurs zum UN-Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, im Weiteren europäische Harmonisierungsmaßnahmen im Rahmen der objektiven Werteordnung an. Dabei dürfenSparmaßnahmen im Zuge der Euro-Krise nicht zur Vernachlässigung von Grundrechten führen.

 

Den Abschluss des Panels kommentierte Michał Ziółkowski, Doktorand am Institut für Rechtswissenschaft der Polnischen Akademie der Wissenschaften an der Universität Warschau. Er erläuterte neue Tendenzen der Verhältnismäßigkeitsprüfung durch den VerfGH und eine damit einhergehende Kompetenzerweiterung.

 

Feierliches Abendprogramm

Nach einer spannenden Diskussion im Anschluss des ersten Panels, begann das Abendprogramm mit einem Referat von Prof. Dr. Beate Rudolf, Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte in Berlin, zum Thema der völkerrechtlichen Einbettung von Grundrechten. Dabei seien verschiedene Grundrechtsebenen zu beobachten, die zu Konflikten führen können. Zur Vermeidung solcher Konflikte stelle der Grundsatz der völkerrechtsfreundlichen Auslegung von Grundrechten einen guten jedoch nicht abschließenden Löungsansatz dar, da die Grundrechtsordnungen und das Grundrechtsverständnis der einzelnen Rechtsordnungen sich sehr voneinander unterscheiden. Gehe man vom "Letzten Wort" des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) aus, dann müsse diese Entscheidung besonders gut begründet werden, weil ansonsten die Gefahr der fehlenden Anerkennung in den nationalen Rechtsordnungen bestehe. Im Weiteren wurde das Wechselspiel zwischen dem BVerfG und EGMR dargestellt, welches das Ziel nahe lege, Grundrechte nicht nur europäisch, sondern universell zu verstehen.

 

Es folgte nun ein die Sinne verwöhnendes Cello-Konzert in der Marienkirche in Frankfurt (Oder), gefolgt von einer deutsch-polnischen Verlesung der Gedichts "An Karl Dedecius" von Ewa Lipska. Nach einem Spaziergang über die deutsch-polnische Grenzbrücke wurde der erste Konferenztag mit einem geselligen Abendessen abgeschlossen.

 

2. Panel: Spannungen und Abweichungen – Die Grundwerteordnung als Kontrapunkt für die Gewährung von Grundfreiheiten im deutschen, polnischen und europäischen Verfassungsrecht

Der zweite Konferenztag fand am Collegium Polonicum, einer gemeinsamen Einrichtung der EUV und AMU, in Słubice statt und wurde von dr Krzysztof Wojciechowski, Verwaltungsdirektor am Collegium Polonicum, eröffnet. Dabei beschrieb er die Entstehungsgeschichte des Collegium Polonicum und stellte fest, dass sich das Verhältnis zwischen Studierenden aus Osteuropa und aus Westeuropa im Laufe der Zeit sehr angleiche.

 

Das zweite Panel wurde moderiert von Prof. Dr. Arkadiusz Wudarski, Professur für Polnisches und Europäisches Privatrecht sowie Rechtsvergleichung an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder). Prof. Dr. Lothar Michael, Professur für Öffentliches Recht an der Universität Düsseldorf, sprach über die Entwicklung von Lebenspartnerschaften im deutschen Recht. Das Wechselspiel zwischen Gesetzgeber und Verfassungsrechtsprechung führe zu einer stetig voranschreitenden Gleichstellung von Lebenspartnerschaften mit der Ehe. Diese Rechtsprechung ließe sich jedoch noch nicht auf die Republik Polen ohne Weiteres übertragen, da der erste Schritt für diese Entwicklung, nämlich die Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften noch nicht vollzogen wurde. Zudem könnte die Entwicklung in der deutschen Rechtsprechung den polnischen Gesetzgeber abschrecken, da die Anerkennung von Lebenspartnerschaften weitere Annäherungsmaßnahmen zwischen der Lebenspartnerschaft und der Ehe zur Folge hätte. Zum Thema eingetragener Lebenspartnerschaften aus polnischer Sicht äußerte sich anschließend prof. dr hab. Mirosław Wyrzykowski, Lehrstuhl für Menschenrechte an der Universität Warschau. Im Rahmen der Diskussion um die Einführung eingetragener Lebenspartnerschaften habe der Sejm der Republik Polen die politische Diskussion mit dem Verweis auf den verfassungsrechtlichen Eheschutz abgebrochen und verhindert. Seiner Auffassung nach stelle hierbei der Gesetzgeber seine eigene Moral mit der verfassungsrechtlichen Werteordnung gleich, die allerdings keinesfalls gleich seien. Die Verfassung müsse Maßstab bleiben. Auch Prof. Dr. Rainer Wernsmann, Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht, insbesondere Finanz- und Steuerrecht an der Universität Passau, griff die Problematik eingetragener Lebenspartnerschaften auf. Mit dem Lüth-Urteil des Bundesverfassungsgerichts wurde der Anwendungsbereich von Freiheitsrechten sehr erweitert. Mit der Ausweitung des Diskriminierungsverbotes gingen auch Einschränkungen der Freiheitsrechte, wie beispielsweise der Privatautonomie einher.

 

Die Kommentierung des zweiten Panels übernahm Bartosz Jagura, LL.M., Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Polnisches Öffentliches Recht, Europa- und Wirtschaftsrecht an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) und stellte anhand rechtsvergleichender Methode zusammenfassend fest, dass die Einführung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften in Polen keinen Verstoß gegen den Schutz der Ehe darstelle.

 

Festrede: „Die Folgen der Urteile Åkerberg und Melloni

Prof. dr hab. Marek Safjan, Richter am Europäischen Gerichtshof (EuGH), äußerte sich als Festredner zu dem durchaus strittigen Anwendungsbereich der Grundrechtecharta (GRCH) und dem Verhältnis zu nationalen Grundrechtskatalogen. Im Urteil „Åkerberg Fransson“ weitete der EuGH den Anwendungsbereich der GRCH auch auf rein innerstaatliche Sachverhalte aus, soweit nur eine einzelfallbezogene Verknüpfung zum Unionsrecht bestehe. Die Reichweite dieser Ausweitung sei noch nicht geklärt. In der Rechtssache „Melloni“ schränkte der EuGH den Grundsatz der Meistbegünstigung aus Art. 53 GRCH im Hinblick auf die Anwendung des Europäischen Haftbefehls ein. Nationale Regelungen, die zwar einen höheren grundrechtlichen Schutz garantieren, dürfen nicht zu einem Verstoß gegen die Grundsätze des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Mitgliedsstaaten und der gegenseitigen Anerkennung im Verfahrensrecht führen. Das Urteil stelle einen weiteren Schritt zur Europäisierung des Strafrechts dar.

 

3. Panel: Grundwerteordnung der Grundrechte außerhalb der Europäischen Union: Thailand, Russland und Türkei

Die Moderation des dritten Panels übernahm prof. dr hab. Pasquale Policastro, Lehrstuhl für Verfassungsrecht und Europäische Integration an der Universität Szczecin. Henning Glaser, Leiter des German Southeast Center of Excellence for Public Policy and Good Governance (CPG) an der Thammasat University Bangkok, äußerte sich rechtsvergleichend über das Verhältnis einer objektiven Werteordnung zu den Grundrechten in der Bundesrepublik Deutschland und Thailand. Dabei sei es in der Bundesrepublik Deutschland kaum möglich, die Werteordnung von den Grundrechten zu trennen, in Thailand hingegen schon. Hervorzuheben sei dabei die Ähnlichkeit der beiden Verfassungen. In Thailand fließen jedoch außer dem geschriebenen Recht noch weitere Faktoren in das Verständnis der Objektiven Werteordnung mit ein. Dazu zählen beispielsweise die Familie, die Religion und der Monarch. Prof. Dr. Ece Göztepe Çelebi, Bilkent University Ankara, nahm zum Verständnis von Grundrechten in der Türkei Stellung. Auffällig sei, dass die Türkei schon sehr früh Mitglied in der EMRK geworden ist und trotzdem zu den Ländern mit den meisten anhängigen Verfahren am EGMR zähle. Um dies zu minimieren hat der türkische Gesetzgeber mehrere prozessuale Vorkehrungen getroffen, wie beispielsweise eine Einschränkung der Klagebefugnis sowie der Klageberechtigung. Der Gedanke einer objektiven Werteordnung komme erst seit Kurzem in der Wissenschaft auf. Daraufhin beleuchtete prof. dr hab. Roman Wieruszewski, Leiter des Zentrums für Menschenrechte der Polnischen Akademie der Wissenschaften, die Menschenrechtslage in Russland. Der EGMR habe darauf aufmerksam gemacht, dass in Russland die Problematik nicht im Rechtssystem liege, sondern in der Anwendung der grundrechtlichen Standards. Russland sei eine junge Demokratie, in der ein Verständnis von Grundrechten noch nicht in allen Gesellschaftsschichten verwurzelt sei.

 

Die Abschlusskommentierung erfolgte durch David Wolfmeyer, Doktorand am Lehrstuhl für Polnisches Öffentliches Recht, Europa- und Wirtschaftsrecht an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder). Er beschäftigte sich dabei mit der Frage, ob die in den nationalstaatlichen Verfassungen enthaltenen Grund- und Menschenrechtskataloge Ausdruck einer universellen Werteordnung seien. Zwar könnten die weltweit geltenden Grundrechtssysteme in ihrer Ausformung und ihrem Verständnis verschieden sein, gemeinsame Grundlage bilde jedoch die Idee der Schaffung fundamentaler Rechte freier Selbstbestimmung.

 

4. Panel: Spannungen zwischen regionalen, internationalen und nationalen Schutzgremie

Im letzten Panel wurde unter der Moderation von Prof. Dr. Steffen Hindelang, LL.M., Juniorprofessur für Staats- und Verwaltungsrecht mit internationalen Bezügen an der Freien Universität Berlin, diskutiert. Prof. dr hab. Andrzej Wróbel, Richter am VerfGH, beleuchtete die Kompetenzübertragung das Verhältnis zwischen dem VerfGH und dem EuGH. Dabei gäbe die polnische Verfassung die nationalen Grenzen der Kompetenz des EuGH vor. Ein Rückgriff auf die in der Republik Polen vielmals zitierte Solange-Rechtsprechung des BVerfG sei dabei nicht nötig. Anschließend sprach Slavica Banić, Richterin am Verfassungsgericht der Republik Kroatien, über Spannungen zwischen dem EGMR und dem kroatischen Verfassungsgericht anhand von mehreren Urteilen und erläuterte auch wie die EMRK in das kroatische Rechtssystem eingebettet sei. Die EMRK genieße im kroatischen Recht einen quasi-konstitutionellen Rang. Unterschiede in der Bedeutung und Reichweite der Rechtsbegriffe in der kroatischen Verfassung und der EMRK können dabei zu Missverständnissen führen. Vorbeugend wirkt hier der regelmäßige Dialog beider Gerichte. Prof. Dr. Alexej S. Avtonomov, Vorsitzender des UN-Komitees zur Beseitigung von Rassismus, bezog in den Dialog der Schutzgremien noch die UN-Ebene mit ein, die keinesfalls zu vernachlässigen sei. Probleme entstünden dabei, wenn unterschiedliche Entscheidungen all dieser Schutzgremien vorliegen. Dabei müsse man sich auch die Frage nach einem Rangverhältnis dieser Schutzgremien stellen. In jedem Fall sei ein Dialog der einzelnen Schutzgremien sehr hilfreich. Über strafrechtliche Standards im Spannungsfeld vom EGMR und BVerfG referierte Prof. Dr. Robert Esser, Forschungsstelle Human Rights in Criminal Proceedings (HRCP) an der Universität Passau. Nach einigen einführenden Bemerkungen zu dem rechtlichen Verhältnis zwischen dem EGMR und dem BVerfG, besprach er im Anschluss besonders konfliktträchtige Situationen beider Gerichte aus dem Bereich des Strafrechts anhand von mehreren Urteilen.

 

Anschließend kommentierte Tobias Szarowicz, Wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl für Polnisches Öffentliches Recht, Europa- und Wirtschaftsrecht an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder), das Panelthema mit Ausführungen zum Verhältnis zwischen dem BVerfG und dem EGMR am Beispiel der Sicherungsverwahrung. Er stellte dabei fest, dass dem EGMR eine Integrationsverantwortung obliege und dieser in seinen Entscheidungen das Rechtsgefüge aller Mitgliedsstaaten berücksichtigen und möglichst schonend behandeln solle.

 

Zusammenfassung

Die Konferenz „Nationale, Internationale und Globale Werteordnung der Grundrechte“ kann mit nüchterner Klarheit als voller Erfolg gewertet werden, was auch Prof. Dr. Bartosz Makowicz sowie prof. dr hab. Mirosław Wyrzykowski in ihren Abschlussreden festgestellt haben. Allein die große juristische Expertise der Referenten und die sehr hohen Besucherzahlen sowie das mediale Interesse bestätigen dies. Das Ergebnis des Projekts „Die verfassungsrechtliche Grundwerteordnung der Grundrechte als Grundlage für die deutsch-polnische Verständigung“ wird des Weiteren in einem Tagungsband demnächst veröffentlicht. Es sind genau solche Projekte, welche die europäischen Völker zu verbinden und einen großen Schritt hin zu einer gemeinsamen europäischen Identität darzustellen vermögen. Dies ist in Zeiten der Krise besonders wichtig, da gerade jetzt ein europäischer Zusammenhalt mehr denn je gefragt ist.