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Rechtsprechung der Unionsgerichtsbarkeit

03/2019

Der Fall Pisciotti

EuGH, Rs. C-191/16,

Urteil des Gerichtshofs vom 10. April 2018

aufbereitet von Luca Leonhardt und Ensar Bingöl

Der Fall als PDF

Das Wichtigste:  Das Unionsrecht ist im Auslieferungsverkehr zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten anwendbar, sofern der betroffene Unionsbürger sein Recht auf Freizügigkeit in der Union aus Art. 21 AEUV ausgeübt hat und das Auslieferungsersuchen auf Grundlage des EU-USA-Abkommens über Auslieferungen gestellt wurde. Zudem verwehren es die Art. 18 und 21 AEUV dem ersuchten Mitgliedstaat nicht, eigene Staatsangehörige auf Grundlage einer verfassungsrechtlichen Norm oder eines bilateralen Vertrags zwischen dem ersuchten und dem ersuchenden Staat nicht auszuliefern. Eine Rechtfertigung der dadurch entstehenden Ungleichbehandlung zwischen eigenen Staatsangehörigen und Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten setzt jedoch voraus, dass der ersuchte Mitgliedstaat vor
der Auslieferung an den Drittstaat den zuständigen Behörden des Mitgliedstaates, dessen Staatsangehörigkeit der Betroffene besitzt, die Möglichkeit eingeräumt hat, ihn im Rahmen eines Europäischen Haftbefehls für sich zu beanspruchen und dieser letztgenannte Mitgliedstaat keine entsprechende Maßnahme ergriffen hat.