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LS für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie

Scheffler_Uwe_MG_8301_200 ©Heide Fest

Herzlich willkommen auf meiner Lehrstuhlseite!

Seit 1993 habe ich den Lehrstuhl für Strafrecht Strafprozessrecht und Kriminologie inne. Es handelt sich um den ersten strafrechtlichen an der neuen Viadrina.

Wenn man es so betrachten will, stehe ich damit in der Tradition der strafrechtlichen Professoren der alten Viadrina. Unter diesen ragt eine Persönlichkeit hervor, nämlich J.S.F. v. Böhmer, der den strafrechtlichen Lehrstuhl 22 Jahre, nämlich von 1750 bis zu seinem Tode 1772 innehatte.

Ich habe mich mit Böhmer etwas näher in meiner Antrittsvorlesung 1994 sowie zwei Vorträgen 1999 und 2013 beschäftigt. Einige Auszüge daraus zu seinem Lebenslauf:

„Johann Samuel Friedrich von Böhmer, gelobt als der ‚Höhepunkt der deutschen Strafrechtswissenschaft’ bis zum Jahre 1800 wurde als ältester von vier Söhnen eines hochangesehenen Jura-Professors in Halle geboren. Er studierte in Halle ab 1720 und erhielt dort schon 1726, gerade 22jährig, eine Professur. Nach dem Tod des Vaters folgte Böhmer 1750 einem Ruf des Königs an die Viadrina. Er wurde zugleich Direktor der Universität bei der ungewöhnlich hohen Besoldung von 800 Thalern Jahresgehalt und freier Wohnung. 1770 geadelt, ist er 1772 hier in Frankfurt verstorben.“

Als Strafrechtswissenschaftler beschrieb ich Böhmer so:

908px-Johann_Samuel_v._Boehmer_200 ©boehmer ©von Unbekannt (Geschichte der Familie von Boehmer)[Public domain], via Wikimedia Commons
„Böhmer legte seine Lehre in drei großen Büchern nieder: Das erste, 1732 fertiggestellte Werk gilt als das ‚erste Lehrbuch des Strafrechts von wissenschaftlicher Qualität’ und erlebte in kurzer Zeit fünf weitere Auflagen. Sein zweites Werk stellt die erste große kritische Auseinandersetzung mit dem Hauptwerk Carpzovs dar. Kurz vor seinem Tod schrieb Böhmer einen Kommentar zur Peinlichen Gerichtsordnung Kaiser Karl V. von 1532, der als, die erschöpfendste, gründlichste und wissenschaftlich wertvollste Erläuterung’ dieses Gesetzes gilt.Allerdings wird regelmäßig auf seine ‚konservative Grundhaltung’ hingewiesen, so daß ihm die ‚kritische Haltung gegenüber dem geltenden Recht’ gefehlt habe. Böhmer nahm ‚kaum Notiz’ vom Gedankengut der Aufklärung, obwohl sein Vater sogar zur Schule des Christian Thomasius gezählt wird. Noch kurz vor seinem Tode hat Böhmer die Anwendung der Folter bejaht.

Mit Hinweis hierauf schloss ich zum Ende meiner Antrittsvorlesung, dass sich mein großer Vorgänger für mich „kaum als wissenschaftliches und menschliches Vorbild eignet“. An dieser Einschätzung hat sich in den seitdem vergangenen Jahren nichts geändert. Stattdessen bewundere ich die großen Aufklärer Cesare Beccaria (1738-1794), der schon früh zum „Hauptzweck jeder guten Gesetzgebung“ erklärte, „den Verbrechen vorzubeugen, als sie zu bestrafen“, sowie Paul Johann Anselm von Feuerbach (1775-1833) („nullum crimen, nulla poena sine lege“). Ich verstehe mit Franz von Liszt (1851-1919) das Strafgesetzbuch als die „magna charta des Verbrechers“ und interpretiere mit Claus Roxin das Strafverfahrensrecht als „Seismograph der Staatsverfassung“.

Jeder Student sei eingeladen, mich auf der immerwährenden, spannenden Suche nach einem rechtsstaatlichen und humanen Strafrecht durch den Dschungel der Kriminalwissenschaften zu begleiten!