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Entscheiden

 

PROBLEMLÖSUNG, ENTSCHEIDUNGSFINDUNG UND PROFESSIONELLES URTEIL

 

Eine Reihe von Disziplinen wie z.B. Spieltheorie, Entscheidungstheorie oder die Kognitionspsychologie haben die Basis für ein besseres Verständnis von Entscheidungsprozessen in Komplexität gelegt. Die praktische Tätigkeit des Juristen ist von Problemlösung und Entscheiden wesentlich geprägt. Das professionelle Urteil wird täglich und meist unter Zeitdruck in einer Vielzahl von Situationen verlangt. Die von der Wirtschaftswissenschaft erarbeiteten Erkenntnisse zur Struktur von Entscheidungsfindung sind jedoch in der Ausbildung des Juristen praktisch nicht enthalten. Sie werden allenfalls in der Praxis auf Kosten der Mandanten gelernt.

Der Gegensatz zwischen den vorbereiteten Sachverhalten von Fällen in der universitären Ausbildung und den realen Problemkonstellationen, mit denen der Anwalt konfrontiert wird, könnte nicht größer sein. In der Praxis werden eine Vielzahl weiterer Fähigkeiten vom Anwalt erwartet. Neben Verhandeln und Vermitteln sind das insbesondere:

 

  • Beratung:

    Dass ein Mandant zum Rechtsanwalt geht, bedeutet nur, dass er sein Problem als rechtlich geprägt ansieht. Fast immer geht es jedoch darum, rechtliche Erwägungen in eine ganze Bandbreite von geschäftlichen, strategischen, persönlichen oder politischen Faktoren zu integrieren. Hier ist Entscheidungsfindung unter Komplexität und nicht bloß rechtliche Subsumtion gefragt. Vor allem die sorgfältige Sachverhaltsermittlung, Risikoanalyse und die Erarbeitung differenzierter, hochauflösender Interessenprofile - was im Übrigen auch in der Mediation eine entscheidende Rolle spielt - sind hier wichtig. Gerade die sozialpsychologische und kognitionspsychologische Forschung haben gezeigt, wie und warum reale Entscheidungsfindung vom theoretischen Modell des rationalen Verhaltens abweicht. "Loss aversion" oder "reactive devaluation" sind Wahrnehmungsfallen und Kooperationsbarrieren, die Verhandlungen behindern. Sie zu kennen heißt, besser mit ihnen umgehen zu können.

 

  • Transaktionsgestaltung und Organisation:

    Häufig werden in der anwaltlichen und allgemein juristischen Tätigkeit Beziehungen neu definiert (Familie, Unternehmen etc.), Prozesse strukturiert und Organisationen geplant. Organisationstheorie, Erkenntnisse der Gruppendynamik und ökonomische Forschung, z.B. principal / agent - Probleme, "adverse selection" oder "moral hazard" , ergänzen die praktischen Fähigkeiten von Anwälten.

 

  • Transparenz und Kommunikation:

    Der Mandant erwartet in komplexen Situationen klare und kreative Optionen, Empfehlungen und Handlungsanleitungen. Im Gegensatz zur juristischen Fachsprache des Schriftsatzes - wo im Übrigen Klarheit noch nie geschadet hat - ist hier die Aufarbeitung der Rahmenbedingungen der Entscheidung in einer klaren, nicht fach-lastigen Sprache gefordert.