Banner Viadrina

Erfahrungsbericht vom Soldan Moot Court 2016

Der Gedanke als Rechtsanwältin auftreten und an simulierten Gerichtsverhandlungen teilnehmen zu können, übte  bereits von dem Moment an einen großen Reiz auf mich aus, als ich erstmals vom Hans Soldan Moot Court hörte. Gleichzeitig kamen mir aber auch Fragen in den Sinn wie etwa: „Was genau würde mich bei einer Teilnahme erwarten?“, „Kann ich hierbei wirklich etwas auf juristischer oder persönlicher Ebene lernen?“ oder „Ist die Austragung der simulierten Verhandlungen in Hannover tatsächlich mehr als nur eine Exkursion?“. Dieser Erfahrungsbericht soll Interessierten mit ähnlichen Fragen als Orientierung dienen und – so viel sei vorweggenommen – unbedingt zur Anmeldung ermutigen.

In der ersten Etappe des Soldan Moot Courts müssen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zunächst schriftlich mit einem fiktiven Sachverhalt auseinandersetzen, indem sie als Anwalt einen Kläger- und anschließend (spiegelbildlich) einen Beklagtenschriftsatz erstellen. Das Besondere hieran ist, dass der Sachverhalt zahlreiche anwaltsrechtliche Bezüge aufweist. Die Erstellung beider Schriftsätze hat jeweils innerhalb eines Monats zu erfolgen. Unser Team traf sich wöchentlich zur inhaltlichen Auseinandersetzung und Erstellung der Schriftsätze unter der Leitung bzw. intensiven Betreuung von Herrn Professor Knöfel sowie seinen beiden wissenschaftlichen Mitarbeitern. Die Herangehensweise entsprach – anders als im bisherigen Studium – deutlich mehr der Arbeitsweise einer Rechtsanwältin bzw. eines Rechtsanwalts. Insbesondere die grundlegenden Unterschiede, die zwischen dem den Studierenden nur zu gut bekannten Gutachten und dem durch einen Anwalt zu verfassenden Klageschriftsatz bestehen, stellten uns vor neue, aber interessante Herausforderungen.

Mit Abgabe des zweiten Schriftsatzes begann die nächste Etappe, und zwar die Vorbereitung auf den tatsächlichen Moot Court in Hannover. Studierende aus ganz Deutschland treten hierbei auf Grundlage desselben Sachverhalts entweder auf Kläger- oder Beklagtenseite in simulierten Gerichtsverhandlung über zwei Tage hinweg gegeneinander an. Neben den mittlerweile zum festen Bestandteil meiner Woche gehörenden Treffen, innerhalb derer wir nun wesentliche Argumente und das Vortragen dieser besprachen, besuchten wir daher zudem eine Gerichtsverhandlung und führten u.a. eine Probeverhandlung unter realistischen Bedingungen im Stephanssaal durch mit anschließender genauer Analyse.  

Plötzlich und unerwartet schnell standen die Abreise nach Hannover zum großen Showdown und damit der letzte Abschnitt bevor. Einmal angekommen, ging es am ersten Tag gleich mit einer einstimmenden Anwaltskonferenz los. Es referierten bekannte Redner – wie etwa Professor Looschelders – über  Themen, die einen unmittelbaren Zusammenhang zu dem gestellten Sachverhalt aufwiesen. Am selben Abend wurde sodann der 4. Soldan Moot Court offiziell im Rahmen eines durch den Veranstalter ausgerichteten Empfangs eröffnet. In den zwei sich anschließenden Tagen sollte jeder von uns viele neue Eindrücke sammeln. Der Umgang mit der vor jeder Verhandlung bestehenden Nervosität sowie das Verhandeln gegen fremde Studierende unter der Leitung fremder Richter sind nur zwei der zahlreichen neuen Erfahrungen. Diese bereits während des Studiums gewinnen zu können, ist eine in meinen Augen nicht zu unterschätzende Chance. Zudem sorgten die Veranstalter mit toller Verpflegung und angenehmem Abendprogramm auch neben den Verhandlungen für eine sehr positive Stimmung. Es kamen interessante Gespräche zustande und es wurden neue Bekanntschaften mit Studierenden unterschiedlichster Universitäten geschlossen. Daher war die Enttäuschung darüber, nicht ins Halbfinale eingezogen zu sein, letztlich auch nur von kurzer Dauer und es überwiegten die rundum positiven Erlebnisse.  

Auf die Eingangs aufgeworfenen Fragen kann ich daher rückblickend antworten: Den Hans Soldan Moot Court als eine bloße Exkursion mit quasi „klassenfahrtsähnlichem“ Charakter abzutun, wäre eine vergeudete Chance. Die intensive Vorbereitung und der professionell organisierte Rahmen bieten nicht nur die Möglichkeit, einen realistischen Blick in eine mögliche berufliche Zukunft zu werfen. Vielmehr ist auch die Auseinandersetzung mit dem – während des Studiums regelmäßig völlig außerachtgelassenen – Rechtsgebiet des Anwaltsrechts und seinen interessanten ethischen Fragen eine Möglichkeit, die eigenen juristischen Gedankengänge aufzubrechen und so neue Sichtweisen zu gewinnen. Studierende erwartet eine besondere Zeit mit neuen prägenden Erfahrungen, auf die ich persönlich gerne zurückblicke und die mir abschließend nur das Fazit lässt: Nehmt teil!

 

Sophie Steinz, Teilnehmerin am Hans Soldan Moot Court 2016, Team der Viadrina