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Soldan-Moot-Court 2019

Was ist ein Moot Court?

Wer in Deutschland Rechtswissenschaften studiert, wird zum Richter ausgebildet und muss sich dabei nur selten in die Rolle eines Rechtsanwaltes hineinversetzen. Dennoch ist der Anwaltsberuf für viele Studierende aufgrund seiner Vielfalt eine beliebte Zukunftsperspektive. Der Hans Soldan Moot Court soll daher die Gelegenheit bieten, durch eine praxisnahe Erfahrung das Berufsbild des Anwalts besser zu verstehen und einen realistischen Einblick zu erlangen. Dafür erstellt das Lehrstuhlteam von Herrn Prof. Dr. Wolf jedes Jahr einen fiktiven Fall mit ausführlicher Fallakte, der zunächst von den Studierenden-Teams in Form eines Kläger- und eines Beklagtenschriftsatzes bearbeitet wird. Zum Abschluss treten die Teams verschiedener Universitäten in simulierten Gerichtsverhandlungen gegeneinander an und werden hierbei für ihre juristischen Aussagen und ihre Vortragsweise bewertet.

Schriftsätze

Am 4.7.2019 bekamen wir unsere Fallakte und merkten prompt, dass hier viel mehr von uns verlangt wird, als wir es von der Arbeit mit vorgeschriebenen Sachverhalten gewohnt sind. Aus E-Mails, Screenshots und ähnlichem musste zunächst herausgearbeitet werden, was in dem Fall überhaupt geschehen ist und wo konkrete Problempunkte sind. Daraufhin nahmen wir zunächst die Rolle der Klägerseite ein und schrieben gemeinsam eine Klageschrift - auch dies ist eine neue Erfahrung, denn man schreibt nicht mit im Gutachtenstil, sondern im Urteilsstil. Nach etwas mehr als einem Monat reichten wir dann einen fertigen Schriftsatz ein.

Einen weiteren Monat verbrachten wir dann damit, den Sachverhalt aus Beklagtensicht zu betrachten. Hierfür bekamen wir den Klageschriftsatz eines anderen Teams zugeteilt, auf den wir als Beklagtenvertreter reagieren mussten.

Vorbereitungen für Hannover

Nachdem die Schriftsätze verfasst sind, beginnt die aufregendste Zeit des Moot Court. Es wurde festgelegt, wer in unserem Team den Kläger und wer die Beklagte vertritt und wir bereiteten uns auf die mündlichen Verhandlungen vor. Dabei unterstützten uns sowohl unsere Coaches Friederike und Leah als auch Herr Prof. Dr. Knöfel und mehrere Richter des Landgerichts Frankfurt (Oder). Durch das intensive Training verloren wir schnell unsere Unsicherheiten, verbesserten unsere Argumentationsstrukturen und fühlten uns immer mehr dazu bereit, unbekannten Teams gegenüberzutreten.

Beim Pre-Moot am 28.9.2019 an der Bucerius Law School in Hamburg trafen wir dann zum ersten Mal auf die Teams anderer Unis und durften unser Können unter Beweis stellen.

Mündliche Verhandlungen in Hannover

Am 10.10.2019 fuhr unser Team zu den mündlichen Verhandlungen nach Hannover. Bei der Anwaltskonferenz durften wir uns zahlreiche interessante Vorträge zu aktuellen Themen wie dem Schiedsrecht und dem neuen Pauschalreiserecht anhören. Danach lernten wir beim Begrüßungsabend im Conti-Hochhaus zum ersten Mal die anderen Teams kennen. Der Abend endete für die meisten jedoch recht zeitig, da am nächsten Morgen die ersten Verhandlungen um 9:30 Uhr begannen. Wir traten gegen die Teams aus Erlangen und Bayreuth an. Beendet wurde der Tag mit einer Abendveranstaltung in der Burg Königsworth, in die uns die BRAK zu Abendessen, Getränken und Musik einlud.

Der letzte Tag in Hannover begann ebenfalls früh am Morgen mit weiteren Verhandlungen - unser Team stand nun Hamburg und Tübingen gegenüber. Nachdem die anfängliche Aufregung der ersten Verhandlungsrunden überwunden war, hatten wir großen Spaß daran, uns mit anderen Studierenden zu messen und unsere Argumentationen zu präsentieren. Zwischendurch konnten wir uns aber auch Verhandlungen anderer Unis anschauen und weitere Anregungen sammeln.

Nach dem Viertel- und Halbfinale ging es dann vom Conti-Campus weiter zur Fakultät der Architektur, in deren Räumlichkeiten das Finale zwischen Bochum und der Bucerius Law School stattfand. Nach der feierlichen Siegerehrung gab es noch ein Buffet und ein nettes Beisammensein der Studierenden, Juroren und weiteren Verantwortlichen.

Alles in allem war die Teilnahme am Moot Court mit sehr anspruchsvoller Arbeit und dem Behandeln von teils noch völlig unbekannten Rechtsproblemen verbunden. Dadurch hatten wir die Chance, schwierige Themen sehr vertieft und auch aus verschiedenen Blickpunkten zu betrachten. Dies hat uns die Möglichkeit verschafft, uns mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts intensiv zu beschäftigen und an einem relativ realistischen Fall zu üben. Außerdem haben wir alle durch die Teilnahme am Moot Court gelernt, juristische Themen strukturiert in einem mündlichen Vortrag zu präsentieren - in Hinblick auf mündliche Prüfungen und Vorträge, die uns im Studium erwarten, ist auch das eine wichtige Fähigkeit.

Der Moot Court lohnt sich daher für alle Studierenden und nicht nur diejenigen, die eine Karriere als Rechtsanwalt in Betracht ziehen.


Saskia Koal