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Das Recht auf eine selbstbestimmte Erwerbsbiografie

 

Die Gesellschaft ist im Wandel – und in diesem Zusammenhang hat sich auch die Art und Weise, wie gewirtschaftet und gearbeitet wird, erheblich geändert. Die Lebensläufe Erwerbstätiger haben sich ausdifferenziert; zunehmend erheben alle Geschlechter und Altersgruppen den Anspruch, in die Erwerbsarbeit integriert zu sein.

Damit entstehen aber neue Konfliktlagen und soziale Unsicherheiten. Denn einerseits bedarf der individuelle Erwerbslebenslauf eines und einer jeden zunehmend einer bewussten Gestaltung. Andererseits orientieren sich die rechtlichen und sozialen Rahmenbedingungen noch überwiegend am Leitbild eines „Normalarbeitsverhältnisses“, das sich in der Krise befindet. Die Lebensumstände erfordern dadurch nicht selten Übergänge und Gleichzeitigkeiten von Erwerbsarbeit und Familien- und Sorgearbeit, Qualifizierung oder Übergänge wegen Veränderungen der Leistungsfähigkeit. Damit ist die Notwendigkeit gestiegen, Beschäftigte vor einer vollständigen Vereinnahmung („Ausbeutung“) durch das Erwerbsleben zu schützen. Beschäftigungssicherung wird künftig nicht ausreichen, um die Nachhaltigkeit des Arbeitsvermögens für die Einzelnen dauerhaft zu sichern. Vermehrte und verbesserte Rechte auf Auszeiten (zum Beispiel für Fortbildung, Familie, zeitweise Freiberuflichkeit) zur Erneuerung und Erweiterung des Arbeitsvermögens beziehungsweise zur Schaffung einer „Work-Life-Balance“ stehen auf der rechtspolitischen Tagesordnung und sind teilweise schon im rechtspolitischen Tagesgeschäft angekommen.

Denn Arbeits- und Sozialrecht haben Einfluss darauf, wie und ob Menschen ihre Erwerbs- und Lebensverläufe selbst bestimmen und gestalten können. Ziel und Aufgabe eines Sozialen Rechts der Arbeit muss es sein, jedem und jeder Beschäftigten selbstbestimmte Entscheidungen zu ermöglichen, indem die „private“ Subjektivität oder – in anderen Worten – das Menschsein der Beschäftigten in neuer Weise in den Mittelpunkt gestellt wird. Die geltenden Normalitätsannahmen beruhen insofern noch weithin auf einer geschlechtshierarchischen Vorstellung der Verteilung von Erwerbsarbeit und familiärer Sorgearbeit. Ähnliches gilt für das Normalitätsverständnis einer „modernisierten Versorgerehe“ und eines „modernisierten Normalarbeitsverhältnisses“. Das Recht auf die selbstbestimmte Erwerbsbiografie lenkt dagegen die Aufmerksamkeit auf ein Normalitätsverständnis, in dem auch Lebensläufe und Lebensentwürfe, die von der sozialen Norm abweichen, Anspruch auf rechtliche Gewährleistung und rechtlichen Schutz haben.

Dies ist Ausdruck der gestiegenen Notwendigkeit, Beschäftigte vor einer vollständigen Vereinnahmung („Ausbeutung“) durch das Erwerbsleben zu schützen. Beschäftigungssicherung wird künftig nicht ausreichen, um die Nachhaltigkeit des Arbeitsvermögens für die einzelnen dauerhaft zu sichern. Vermehrte und verbesserte Rechte auf Auszeiten (zum Beispiel für Fortbildung, Familie, zeitweise Freiberuflichkeit) zur Erneuerung und Erweiterung des Arbeitsvermögens beziehungsweise zur Schaffung einer „Work-Life-Balance“ stehen auf der rechtspolitischen Tagesordnung und sind teilweise schon im rechtspolitischen Tagesgeschäft angekommen.

Dieser Arbeitsschwerpunkt wurde von 2010-2012 im Projekt SozRA bearbeitet.

Hier finden Sie eine Übersicht der Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter sowie der entstandenen Publikationen.

Es besteht ein enger Zusammenhang zu den gleichbehandlungsrechtlichen Fragen

Sonstige Publikationen zu diesem Forschungsschwerpunkt:

Eva Kocher/Barbara Zimmer, Langzeiterkrankungen in der modernen Arbeitswelt und das Recht auf eine selbstbestimmte Erwerbsbiographie, S. 17-27, in: Feldes, Werner/Niehaus, Mathilde/Faber, Ulrich (Hrsg.), Werkbuch BEM – Betriebliches Eingliederungsmanagement. Strategien und Empfehlungen für Interessenvertretungen, Bund-Verlag Frankfurt/Main 2016

Zeit zum Leben für alle Geschlechter, Neue Gesellschaft / Frankfurter Hefte 9/2015 S. 37-40

Wiederveröffentlicht in:

 Schattenblick -> INFOPOOL -> POLITIK -> SOZIALES, DISKURS/022: Zeit zum Leben für alle Geschlechter (NG/FH) 

Clemens Sudhof, Teilzeitanspruch im 3-Schicht-System – familiäre Belange, AuR 2014,
S. 11-12

Eva Kocher, El derecho a la autonomía en la vida laboral y la flexibilidad interna: exigencias legales y buenas prácticas en Alemania, in: Landa Zapirain, Juan Pablo (Hrsg.), Flexibilidad interna e innovación en la empresa , Dykinson 2014, S. 113-129

Clemens Sudhof, Bericht über die Abschlusstagung des Projekts, AuR 10/2013, S. 404-405

Laura Krüger, Rezension zu "Hans Bergemann: Jüdische Richter in der Berliner Arbeitsgerichtsbarkeit 1933", KJ 2013, 343 f.

Eva Kocher, Die historische „Zeitschrift für soziales Recht“ – 1928-1934. Gegenstände und Bedeutung des Konzepts in heutiger Zeit, Soziales Recht (SR) 2/2013, S. 53-63

Johanna Wenckebach, Teilzeitarbeit: Vorwärts immer, rückwärts nimmer?, Editorial für Arbeit und Recht 5/2013

Johanna Wenckebach, Vereinbarkeit von Familie und Beruf gestalten – nicht nur zur Eingrenzung von Prekaritätsgefahren, Arbeitsrecht im Betrieb (AiB) 5/2013

Eva Kocher/Felix Welti unter Mitarbeit von Christian Paschke, Wie lässt sich ein Anspruch auf Weiterbildung rechtlich gestalten? Rechtliche Instrumente im Arbeits- und Sozialrecht, Expertise im Auftrag der Abteilung Wirtschafts- und Sozialpolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung, Reihe WISO direkt, 2013, (31 Seiten).